Indien 3

In Varanasi angekommen fanden wir ein nettes Gästehaus mitten in der Altstadt, die mit ihren vielen engen Gassen eher an ein Labyrinth, in dem man sich schnell verlaufen konnte, erinnert hat. Die Ghats (Treppen) am Ufer des Ganges sind überlagert mit Hindus, die sich dort von ihren Sünden reinwaschen oder einfach nur Wäsche waschen. An der Verbrennungsghat werden wir Zeuge von öffentlichen Leichenverbrennungen, die 24 Stunden am Tag stattfinden. Dazu wird besonderes Holz per Zug angeliefert, auf Boote verladen und am Ufer gelagert. Viele der hier Verbrannten warteten schon lange in Varanasi auf ihren Tod, denn wer hier verbrannt und in den Ganges gestreut wird erreicht das Nirvana und entkommt somit dem Kreislauf der Reinkarnation. Frauen dürfen an dieser Zeremonie nicht mehr teilnehmen, da in der Vergangenheit sich viele in die Flammen gestürzt haben. Deswegen beobachten wir dieses von einem Turm aus. Trotz dessen, das wir in einer Großstadt sind werden wir immer wieder morgens von an unserem Fenster spielenden Affen geweckt. Wegen den Affen sollte Wäsche nur unter Aufsicht oder in einem speziellen Käfig aufgehängt werden. Nach vier interessanten Tagen geht für uns die Reise weiter nach Agra.

 

Während der Zugfahrt lernen wir den Engländer Martin (polnischer Abstammung) kennen, der uns das Kartenspiel Shithead beibringt, von dem wir bis heute nicht ablassen können. Wer eine Anleitung erwerben möchte, bekommt diese für ein kleines Bakschisch (wie es in Indien üblich ist) per E-Mail zugeschickt. In Agra liegt unser Hotel 100 Meter vom Taj Mahal entfernt. Am nächsten Morgen machen wir uns um 6 Uhr auf, um den Sonnenaufgang im Taj Mahal zu erleben. Ohne Frühstück und mit riesigem Picknickrucksack zahlten wir den Wuchereintrittspreis von 750 Rupies pro Person (Inder zahlen 10 Rupien). Am Eingang erfahren wir, dass Essen, Messer, Handys, Spielkarten, Zigaretten,… nicht mit rein genommen werden dürfen. Selbst eine 70-jährige Frau musste ihre Hustenbonbons abgeben. Deswegen rennen wir schnell ins Hotel und laden alle leckeren Fressalien ab. Im Innenbereich stellen wir enttäuscht fest, dass es hier keine Essensstände gibt. Nach nur drei Stunden verlassen wir den Taj-Bereich in Richtung Frühstück. Das Taj Mahal ist zwar sehr schön, aber der altgewohnte Speyrer Dom kann hier sehr gut mithalten. Da es in Agra bis jetzt die aufdringlichsten Riksha-Driver gab, haben wir demonstrativ alle ignoriert und zu Fuß die Stadt erkundet. Dabei sahen wir auch zum ersten Mal einen tollwütigen Hund – rote Augen, geknurrt und die die Beine beim Laufen überkreuzt. Ein bekannter Laufstil nach einem gelungenen Altstadtfestabend. Erfreulicherweise konnten wir einen Pizzahut ausfindig machen und unser Gaumen erlebte ein Hochgenuss an altgewohnten Geschmacksverstärkern. Im Internetcafe buchten wir zwei Zugtickets: Agra – Delhi, Delhi – Pathankot / Dharamsala. Delhi sparen wir uns für später auf, da wir die Großstadt erst einmal satt haben.

 

Unsere erste Verbindung hatte jedoch zwei Stunden Verspätung, so dass wir unseren Anschlusszug in Delhi verpassten. Nach 30-minütiger Diskussion mit Plattform- und Stationmanager haben diese herausgefunden, dass man unsere Tickets nur im Internet stornieren kann, was wir allerdings schon längst wussten. Glücklicherweise hatten wir durch die Lautsprecherdurchsagen erfahren, dass der letzte Zug in den Norden mit einstündiger Verspätung JETZT an Gleis 16 abfährt. Die diskutierenden Männer stehend lassend, die Tickets wieder an uns reisend, rannten wir mit Sack und Pack zum Gleis. Als wir in den bereits rollenden Zug sprangen stand auch gleich der Schaffner vor unserer Nase. Ihm machten wir weiß, dass wir alles mit dem Bahnhofsmanager geklärt hätten und unsere falschen Tickets für diesen Zug gelten. In der bereits angebrochenen Nacht organisierten uns zwei hilfsbereite Inder zwei Schlafplätze. Am nächsten Morgen mussten wir feststellen, dass wir unseren Bahnhof verschlafen hatten und wir bereits 30 km vor der Hauptstadt Kashmirs waren. Nach einem Frühstück im Krisengebiet nahmen wir den nächsten Zug in Richtung Dhramsala. Für die letzten 90 km mussten wir den Bus nehmen, der jedoch nach 10 km eine Reifenpanne hatte. So dauerte die Fahrt 6 Stunden.

 

In Dharamsala angekommen stellen wir fest, dass es da von Touristen und Tibetern nur so wimmelt. Kein Wunder, denn hier ist auch der Sitz des Dalai Lamas. Nach wilden Souvenireinkäufen konnten wir uns von der tibetischen Küche überzeugen lassen. Momos eine Art Maultasche (oder polnisch: Pierogi), die mit leckeren Dingen wie Gemüse, Kartoffeln, Chicken oder Käse gefüllt sind, sind bis heute unser Favorit. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass der Dalai Lama in der Stadt weilt und seine jährliche öffentliche Lesung abhält. Für das fünf Tage andauernde Ereignis meldeten wir uns schnell bei der tibetischen Regierung an. Am nächsten Tag quetschen wir uns zwischen 300 tibetische Mönche und waren so nur 15 Meter vom Stuhl des Dalai Lamas entfernt. Nach seiner Ankunft und kurzer Begrüßung wurde erst einmal aus großen Alukannen Buttertee ausgeschenkt. Da wir keine Becher dabei hatten, haben uns kurzerhand die Mönche welche ausgeliehen. Zu dem Tee bekamen wir außerdem noch ein Brötchen von einem Mönch angeboten. Obwohl der Unterricht ins englische übersetzt wurde, fanden wir es spannender dem Dalai Lama tibetisch sprechen zu hören, denn er machte dauernd kleine Späßchen über die er selbst schon im Vorhinein lachen musste. Nach einem Tag im Schneidersitz war unser Holzklasse-geschädigter Hintern wieder zu spüren und wir beendeten den Unterricht. Stattdessen entschlossen wir uns für eine anspruchsvolle, aber wunderschöne Wanderung auf 3000 Meter. Diese überzeugte uns von unserem weiteren Reisevorhaben in den tieferen Himalaja vorzustoßen. Somit nahmen wir am nächsten Tag den Bus nach Manali, um von dort aus in die abgeschiedenste Stadt Indiens, nach Leh zu kommen.