Iran 2

In der Wüstenstadt Yazd parkten wir wie viele andere Overlander vor dem Orient Hotel und bezahlten nur eine kleine Duschgebühr. Bei Anbruch der Nacht war es immer noch so heiß, dass ein Hotelangestellter Mitleid mit uns hatte (wie kann man bei 40 Grad in einem Auto schlafen), dass er uns eines seiner einfacheren Zimmer kostenlos zur Verfügung stellte. Wir nahmen dankend an und konnten uns so bei den Mittagstemperaturen über 50 Grad im einigermaßen kühlen Zimmer verstecken. An einem Tag bekamen die Angestellten der Stadt sogar „Hitzefrei“, da es zu heiß zum arbeiten war. Am Abend krochen wir wieder aus unserem Zimmer und stellten entsetzt fest, dass Janus´ Schuhe in der Sonne von Größe 43 auf Größe 39 geschrumpft waren und aussahen wie kleine Bötchen.

 

Nach drei Tagen flohen wir vor dieser Hitze und fuhren zum 10 Grad kühleren antiken Persepolis – die ehemalige Hauptstadt Persiens. Dort bestaunten wir die gut erhalten Reste der Stadt mit ihrem Stadttor und Tempeln.

Weiter ging es dann nach Shiraz. Dort machten wir uns gleich auf die Suche nach einem Gleichlaufgelenk für unseren Braunen. In Esfahan und Yazd war unsere Suche bereits erfolglos. So suchten wir mit Hilfe eines DJ´s, den wir auf der Straße angesprochen hatten vier Stunden -  wieder erfolglos. Als wir gerade zurück ins Zentrum fahren wollten und nach dem Weg fragten, stießen wir auf Mohammad, der nicht nur deutsch sprach, sondern auch Autobauingenieur war. Er nahm sich uns gleich an, telefonierte 2 Minuten und sagte, dass das Teil heute Abend bei ihm sei, solange sollten wir noch mit ihm nach Hause kommen und uns ausruhen. In seinem klimatisierten Haus wurden wir von der gesamten Familie herzlich empfangen und nach einem tollen Essen baten sie uns doch über Nacht zu bleiben. Am Abend kam wie versprochen das Ersatzteil und wurde von einer Werkstatt in den folgenden zwei Tagen eingebaut. Also blieben wir noch länger Gast bei Mohammads Familie. Als wir mit unserem wieder reparierten Bus durch die Stadt fuhren versuchte ein Polizist mit Winken und Pfeifen uns anzuhalten. Da wir uns erst nach 300 Meter angesprochen fühlten, hielten wir an. Der Polizist rannte schon wie wild auf uns zu und nahm Janus mit zum Verhör. Am Streifenwagen ergab sich folgende Unterhaltung:

 

Oberhauptmann: Where you from? (Woher kommt ihr?)

Janus: Almania. (Deutschland)

Oberhauptmann: Machine alman? (Ist das Auto deutsch?)

Janus: Yes, Yes, bale, bale, alman.  (Ja, ja, deutsch)

Oberhauptmann: Irani Number? (Und das iranische Nummernschild?)

Janus: Irani Number 1! (Iran ist die Nummer 1!)

Oberhauptmann: bricht in Lachen aus

 

Daraufhin kam Mohammads Frau Asal zur Hilfe. Sie sprachen kurz auf persisch, beide telefonierten mit irgendjemandem und schon durften wir weiter fahren. Später erfuhren wir, dass wir eigentlich ein iranisches Kennzeichen mit Versicherung bräuchten. 

Am nächsten Tag unternahmen wir dann zusammen einen Ausflug in das 170 km entfernte kühlere Yasuj. Dort wurden wir dann zu richtigen Iranern und picknickten. Später verbrachten wir noch einen lustigen Abend bei einem Freund und dessen Familie. Zusammen spielten wir Karten und aßen zu Abend. Natürlich auf dem Boden, denn das Haus war traditionell und hatte keine Möbel, sondern nur Teppiche.

Nach fünf erholsamen Tagen bei Mohammad fuhren wir weiter in Richtung Persischem Golf. Viele Iraner denen wir von unserer geplanten Route erzählten rieten uns ab: „Was, zum Golf wollt ihr? Da ist es jetzt viel zu heiß.“ Wir ließen uns nicht abbringen, was konnte schon schlimmer sein als 50 Grad in Yazd? Unser Ziel hieß Qeshm Island. Bereits am Fährhafen schwitzten wir aus allen Poren, es gab kein trockenes Stückchen Stoff mehr – und das um 22 Uhr. Wir bekamen nach einigem Hin und Her eine Fahrkarte auf die zollfreie Insel und sollten uns beeilen schnell noch auf die Fähre zu kommen. Kurz vor der Auffahrt fuhr ein Motorrad direkt vor unseren Bus, sodass wir nicht auf die Fähre fahren konnten. Der Fahrer sprang von seinem Gefährt schrie wie wild etwas auf persisch, schlug auf unseren Bus und zeigte auf uns. Wir hatten den Mann noch nie vorher gesehen. Blitzschnell rannten Männer vom Boot und vom Steg auf den Mann zu. Eine kurze Schlägerei entfachte, großer Tumult um unseren Braunen. Wir kurbelten die Scheiben hoch und machten die Knöpfe runter, sahen wie die Fähre ohne uns losfuhr und warteten erst einmal ab. Es stellte sich heraus, dass jemand uns eine Schranke passieren ließ, obwohl wir 4 € hätten dort bezahlen müssen. Als wieder Ruhe eingekehrt war, schleckten wir erst einmal ein Eis zur Beruhigung (das uns ein netter Iraner spendierte) und nahmen das nächste Boot.

 

Auf der Insel machten wir in der Nacht kein Auge zu, da es nicht nur heiß, sondern auch eine Luftfeuchtigkeit von 99 % hatte. In der Wüste benutzen wir noch ein Pumpspray mit Wasser um uns abzukühlen, hier waren wir jedoch machtlos.

An einem Strand versuchten wir uns im Meer zu erfrischen. Zwecklos, das Wasser hatte gefühlte 35 Grad. Also legten wir uns hin und halluzinierten: was sind das für Stimmen? Was macht die Haiflosse an unserem Fenster? Was macht die rote Farbe überall? Es gab nur einen Ausweg: Fahrtwind. Also fuhren wir bis alle Tanks und Ersatzkanister leer waren und sahen dabei dunkelhäutige Fischermänner, Bootsbauer, Frauen mit ledernen Gesichtsmasken, brennende Gastürme, Kamelherden und bizzare Felslandschaften. Noch am gleichen Abend verließen wir mit dem Restsprit die Insel und schliefen auch am Festland nicht. Also fuhren wir zurück ins trockenere Kerman. Auf dem Weg dorthin machten wir Bekanntschaft mit einer Windhose, die unseren Bus direkt erfasste. So wurden wir wenige Sekunden wie wild hin und her geschüttelt, unser Herz raste ohne Ende und schon war das Ganze vorbei. Puh, noch mal Glück gehabt, dass nichts Schlimmeres passiert ist.

In Kerman lernten wir in einem Geschäft wieder einmal einen Mohammad kennen, der uns beim dolmetschen behilflich war. Er lud uns ein am folgenden Tag mit seiner Familie zu Mittag zu essen. So saßen wir mal wieder auf einem Perser, vor uns leckere Speisen ausgebreitet und neugierige Schwestern die uns Löcher in den Bauch fragten. So wollten sie wissen, warum die jungen Leute in Deutschland so früh von zu Hause ausziehen, ob Ursels Haare von Natur aus blond sind (sie hatte die Erlaubnis als einzige Frau im Haus das Kopftuch abzuziehen) und ob wir denken, dass Iraner Terroristen sind (die Frage bekommen wir mind. 5 x am Tag gestellt).

 

Zusammen mit Mohammad und seinem Freund Mossin fuhren wir in die nahe gelegene Kaluts Wüste. Dort machten wir es uns auf Holzbetten gemütlich, aßen ein leckeres Abendessen, das Mohammads Mutter uns mitgegeben hatte und schliefen unter dem freien Sternenhimmel. Um 4 Uhr in der Früh fuhren wir dann zu einem Aussichtshügel und bestaunten den Sonnenaufgang in dieser einzigartigen Landschaft. Hier hatte es sich mal wieder gelohnt ein eigenes Fahrzeug zu haben und nicht auf halsabschneiderische Guides angewiesen zu sein.

 

In Kerman ging unser Plan auf andere Overlander zu warten, um mit ihnen in einem Konvoi durch das gefährliche Belutschistan zu fahren, leider nicht auf. So machten wir uns allein auf den Weg nach Bam, die Stadt die 2003 durch ein Erdbeben fast vollkommen zerstört wurde. Kurz nach der Stadt fing uns die Polizei ab, um uns ab  sofort bis zur Grenze zu eskortieren. Schnell waren wir genervt von der unorganisierten Eskorte. Manchmal begleiteten uns mehrere schwer bewaffnete Soldaten in einem Jeep, ein anderes Mal saß ein 16 jähriger Rekrut ohne Waffe bei uns im Bus und bettelte uns an. Eine letzte Nacht im Grenzort, dann noch mal zwei Stunden Eskorte für die letzten 10 Kilometer zur Grenze, die wir selbst organisieren mussten, da die iranischen Soldaten einfach zu verpeilt waren. So waren wir froh heil an der Grenze zu sein und mit den durchgeschmuggelten 60 Liter Diesel konnte das Abenteuer Pakistan beginnen…

 

Kleine Iran-Statstik:

Reisetage: 38 (davon 10 bezahlte Übernachtungsplätze)

Gefahrene Kilometer: 5684 km

Ausgaben: 11 € pro Person & Tag (Ausgaben für 580 Liter Diesel sagenhafte 4,20 €)

Unfälle: mehrmals ist uns ein Iraner hinten drauf gefahren; Ergebnis: dank Stahlstoßstange und Anhängerkupplung keine Dellen

Krankheiten: Magenverstimmung mit Fieber (Ursel)

Busprobleme: vordere Federn verschlissen – ausgetauscht (Hochzeitsgeschenk), Spurstangenköpfe vorne ausgeschlagen – ausgetauscht, Bremsbeläge verschlissen – ausgetauscht, Ankerbleche hinten durchgerostet – ausgetauscht, Radbremszylinder undicht – ausgetauscht, Bremsbeläge hinten verschlissen – erneuert, Hauptbremszylinder defekt – erneuert, Gleichlaufgelenk hinten rechts defekt – erneuert, Antriebswellenmanschetten porös – alle ausgetauscht, Dieselrücklaufleitung am Motor abgerissen – provisorisch geflickt, Kupplungsstangenmanschette nicht vorhanden – wieder angebracht, Verschluss des Ausgleichsbehälter defekt – ausgetauscht, Seilzug des Hubdachs gerissen – wird beobachtet, abgerissene Tachowelle – noch kein Ersatzteil gefunden, Ölverlust am Motor – wird beobachtet

Highlights: zauberhaftes Esfahan, Totes-Meer-Feeling am Salzsee bei Orumiyeh, Gastfreundschaft der Iraner, arabisches Qeshm-Island