Pakistan 4

Mit vier Pässen und zwei Carnet de Passages in den Händen ging es diesmal zur indisch-pakistanischen Grenze, was sehr zur Verwirrung der Beamten beitrug. In zwei der Pässen hatten wir unser derzeitiges Indienvisum und in den anderen beiden das neue Pakistanvisum. Unser Carnet Nr. 1 hatte genau am Tag des Grenzübertritts seinen letzten Gültigkeitstag und das Carnet Nr. 2 lief bereits seit einem Monat. Hin & Her mussten wir das wieso, weshalb, warum beantworten und wurden dann zu den Pakistaner rüber geschickt. Denen wurde bei unserer Erklärung so schwindelig, dass sie uns fragten was sie denn nun auszufüllen bzw. abzustempeln hätten. Beim obligatorischen Check unseres Fahrzeuges konnten wir wahrheitsgemäß die Frage: „Haben sie Wein im Auto?“ verneinen, nach unserem goanischen Bier & Rum wurde ja nicht gefragt. Sie ließen uns problemlos weiterfahren. Nun waren wir also wieder in Pakistan, geografisch gesehen auf dem Nachhauseweg.

 

Spannend war es für uns, mal von Indien einzureisen und die Grenze mal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Der Unterschied zwischen den beiden Ländern war deutlich spürbar. Herumstehende, gaffende Inder wurden durch winkende, lachende Pakistaner ausgetauscht. Kaum zu glauben, dass diese beiden Länder einmal zusammen gehörten.

In der Heimat war man besorgt, dass wir uns hier wieder über zwei Monate aufhalten wollten. Den Berichten der westlichen Medien zufolge war ganz Pakistan in Talibanhänden. Komisch nur, dass wir auf keine trafen. Stattdessen wurden wir mal wieder von der muslimischen Gastfreundschaft & Freundlichkeit überwältigt. Überall wurde uns zugewunken, Willkommensrufe übertönte diese des Muzzeins und den vielen Teeeinladungen kamen wir gar nicht nach. Wir fühlten uns absolut sicher und warmherzig aufgenommen.

Unsere erste Etappe führte uns gleich zu unserem Freund Moqeem in Rawalpindi, der Nachbarstadt der Hauptstadt Islamabad. Hatten wir doch einiges im letzten Jahr am Braunen richten lassen, blieb jetzt nur noch der schwierigste und wichtigste Teil: der Motor. Wir verbrauchten seit ca. drei Monaten zwei Liter Öl auf 1000 km. Beim Ausrechnen der Kosten für Motoröl bis in die Pfalz kamen wir auf eine so hohe Summe, dass wir ums reparieren nicht rum kamen. Diesmal sollten sich allerdings nicht die Mechaniker ans Werk machen, sondern Janus selbst. Die pakistanischen Arbeiter kosten zwar fast nichts und man kann mit ihnen zufrieden sein, allerdings vergessen sie manchmal eine Schraube richtig anzuziehen. Lange Rede, kurzer Sinn: innerhalb von fünf Tagen bauten wir zusammen mit Moqeem den Motor aus, ließen den Motorblock aufbohren, Hülsen einsetzen, ersetzten Kolbenringe, Lagerschalen & sonstiges Kleinzeug am Motor und bauten das gute Stück wieder zusammen. Die Spannung stieg auf den Höhepunkt als Moqeem am Ende des vierten Tages verkündete: „Start the engine!“ Unter Beobachtung zahlreicher Mechaniker sprang der Motor problemlos an. Es wurde gejubelt, Janus eifrig auf die Schulter geklopft und mit einer 7up angestoßen. Als alle Arbeiten abgeschlossen waren entführten uns Moqeem und sein Sohn Shakeel in ein Nobelrestaurant. Nicht dass sie uns schon genug geholfen hätten, durften wir nicht einmal die Rechnung übernehmen. Zur Vorspeise gab es Schafshirn-Masala mit Fladenbrot, gefolgt von Gewürzreis mit Hähnchen und abgeschlossen von einem riesigen Steak auf einer heißen Platte. Am Ende verkündeten sie uns noch, dass wir beim sonntägigem VW-Club-Treffen die Ehrengäste seien.

 

Für das drei Tage später stattfindende Treffen bereiteten wir uns auf dem Campingplatz in Islamabad vor. Dort trafen wir wieder einmal auf Kerstin & Rudi (die ihren sechswöchigen Pakistanvisumskampf in Delhi gewonnen hatten) sowie auf die Schweizer Lili & Jan, die mit ihrem 8-Monate altem Baby Lola in ihrem Land Rover auf dem Weg nach Australien sind. Der Braune wurde geschrubbt & auf Hochglanz poliert, aufgeräumt und letzte Sachen montiert. Im Konvoi ging es dann durch Rawalpindi zum Jinnah-Park. Dort hatten sich insgesamt 25 VWs versammelt, hauptsächlich Käfer. Moqeem hatte den schönsten Käfer und wir den einzigsten Bus. Nach einem Fotoshooting und Besichtigung aller Fahrzeuge ging es dann in eine moderne Pizzeria, wo wir natürlich wieder eingeladen waren.

 

Zwei Tage später begaben wir uns auf eine mehrwöchige Probefahrt in den Norden Pakistans. Auf dem Weg dorthin machten wir Halt im pakistanischem Schwarzwald. Wir waren gerade im Örtchen Nathiagali zu Fuß auf Stellplatzsuche, als wir uns beim Anblick der ganzen Villen dachten, dass uns jetzt doch mal ein gebildeter Pakistani einladen könnte. Kaum hatten wir den Gedanken zu Ende gedacht wurden wir von einem älteren Paar angesprochen. Bei Rashida (die in Berlin geboren wurde und fließend deutsch spricht) und ihrem Mann Selim wurden wir herzlich aufgenommen. Janus revanchierte sich für die Einladung mit ein paar einfachen Handwerkerarbeiten im Haus und bald darauf ging es weiter durch die Bin Laden-Stadt Abbottabad zurück auf den Karakoram Highway. Was letztes Jahr durch die Unwetter eine einzige Abteuerfahrt war, hatte dieses Jahr mehr einen Fun-Charakter. Gemütlich ging es auf der Schotterpiste gen Norden bis wir nach zwei Tagen in Gilgit ankamen.      

 

Dort trafen wir noch einmal auf Lili, Jan und Lola, die auf ein Ersatzteil für ihren „Nanuk“ warteten. Nach zwei Tagen Erholung ging es weiter nach Karimabad, genauer gesagt ins drüber liegende Duikar. Auf dem Weg dorthin fuhren wir in einen großen Stein, so dass ein Querträger des Rahmens schwer eingedrückt wurde und dabei unser Reserverad aus der Verankerung gerissen wurde. Wir blockierten dabei den KKH. Entgegenkommende LKW-Fahrer hielten an, sprangen aus ihrer Kabine und machten sich nach einem kurzen Asalam Aleikum ohne zu fragen ans reparieren. Nach zehn Minuten hatten sie das Problem behoben und wir konnten nach einem herzlichen Dankeschön weiterfahren.

In den Bergen zu sein und nicht zu wandern ist für uns wie am Meer sein ohne reinzuspringen. Also packten wir unsere sieben Sachen zusammen und machten uns genauso wie im Jahr zuvor auf den Rush Phari Trek. Dieses Mal wollten wir allerdings den richtigen Weg finden und am See ankommen. Die ersten beiden Gletscherüberquerungen schafften wir wieder mit voller Konzentration und ohne Zwischenfälle, dann ging es ins trockene Valley am Bultar Gletscher entlang. Laut Beschreibung sollte der Weg an zwei großen Felsen steil links nach oben führen. Na toll, man suche mal zwei große Felsen in einem Felsenmeer... Wir wollten gerade am Tag 2 aufgeben und eine andere Route wandern als wir auf die Felsen stießen. Dahinter ging tatsächlich unscheinbar der Weg nach oben. Nach vier Stunden hatten wir die 1200 Höhenmeter hinter uns und erreichten erschöpft unser Lager auf 4500m bei den Steinhütten von Chidin Harai. Leider war es unvermeidbar weniger Höhenmeter aufzusteigen, da keine Wasserstelle dazwischen lag und so war es nur eine Frage der Zeit bis bei uns die Kopfschmerzen, das erste Anzeichen der Höhenkrankheit, auftraten. Nachdem sich Ursel übergeben und literweise Wasser in sich reingeschüttet hatte, ging es besser und wir wollten nicht absteigen. Am nächsten Morgen ging es uns ein wenig besser und wir liefen die letzten Kilometer zum See auf 4800m, von man bei schönem Wetter den K2 erblicken kann. Leider zogen Wolken auf und Ursel´s Wohlbefinden verschlechterte sich wieder, so dass wir beschlossen soweit abzusteigen bis sich der Zustand wieder verbesserte. Auf 4000m setzte plötzlich ein so starker Sturm auf, dass wir uns auf den Boden werfen mussten, um nicht vom Berg runtergeweht zu werden. Wir retteten uns in eine einigermaßen windgeschützte Mulde und beratschlagten uns: Zelt aufschlagen mit nur 5 Litern und die Höhenkrankheit eine weitere Nacht ertragen oder den steilen Berg absteigen und riskieren beim Sturm abzustürtzen. Wir wollten gerade ungern unser Zelt aufschlagen als das Wetter sich ein wenig besserte. Wir nutzen die Gunst der Stunde, packten wieder alles zusammen und kamen zwei Stunden später und einem flotten Abstieg heil bei den beiden Felsen wieder an.

 

Am nächsten Tag ging es dann wieder zurück zum Örtchen Hoper. Nur noch ein Gletscher trennte uns von unserem Bus. Trotz höchster Konzentration passierte es: wir verloren den Weg und irrten auf dem Gletscher herum. Zum Teil mussten wir  über spiegelglatte, schmale Stellen laufen, immer mit der Gefahr in eine Gletscherspalte zu fallen. Nach drei Stunden hatten wir den Gletscher bezwungen und erreichten mit noch zittrigen Knien unser grünes zu Hause.

Nach einer Nacht in Hoper fuhren wir am nächsten Tag zurück in die Zivilisation in Karimabad, wo wir Ursels Geburtstag mit Kerstin, Rudi, Lili, Jan und Lola verbrachten.