Pakistan 5

Nach ein paar erholsamen Tagen in Karimabad ging es für uns zurück nach Gilgit. Auf dem Weg dorthin leisteten wir zum ersten Mal den Motorrädern von Kerstin & Rudi, die einen Tag vor uns gestartet waren, Pannenhilfe. Die Nadel des Vergasers war abgebrochen und wir bastelten zu viert auf dem KKH eine Neue. Gemeinsam ging die Fahrt dann weiter. Im Gästehaus in Gilgit trafen wir wieder einmal auf die alleinreisende Motorradfahrerin Danielle aus Neuseeland, auf das spanische Pärchen Raquel & Cesc, die mit einer Honda Africa Twins auf dem Weg nach Südamerika sind sowie auf Stephen aus Australien, der von Barcelona nach Delhi radelt. Während die Spanier weiter nach Islamabad fuhren taten wir anderen uns mit drei weiteren Pakistanern zusammen und fuhren gemeinsam zum Polofestival auf dem Shandur Pass (3800m), dem höchsten Polofeld der Welt.

 

Wir verließen also mit vier Motorrädern, einem Begleitfahrzeug und unserem Braunen Gilgit in Richtung Westen. Nun waren wir nicht nur am, sondern im Hindukush. Auf dem Weg zum Pass legten wir an zwei Orten eine Übernachtungspause ein, um zu fischen, quatschen und faul in der Sonne liegen. Die Straße war bis 40 km vor dem Pass asphaltiert, danach ging sie über in eine Schotterpiste, immer stetig bergauf. Die Auffahrt zum Pass war allerdings nicht so schwierig wie gedacht und unser Brauner kam ohne große Probleme auf 3800m an. Dort schlugen wir unser Lager an einem See, ca. einem Kilometer vom Spielfeld selbst auf. Gleich zu Beginn ging es zum ersten Spiel zwischen den B-Mannschaften von Chitral und Gilgit. Das Besondere am Polofestival hier war, dass es erstens in einer beachtlichen Höhe stattfand, bei dem Mensch und Tier Probleme mit der Sauerstoffzufuhr hatten und zum zweiten gab es keine Regeln, Hauptsache der Ball kommt ins Tor, egal wie. So gingen zahlreiche Schläger zu Bruch, bei dem Versuch damit den Gegner am Hals zu packen oder auf seinen Schläger zu hauen. Ab und zu wurde ein Spieler vom anderen in den Schwitzkasten genommen oder sich versucht vom Pferd zu stoßen. Trotz dieser Art Freestyle-Polos blieb es friedlich und wir hatten auf dem VIP-Platz unseren Spaß.

Am nächsten Morgen stand dann das Finale der A-Mannschaften an. Es wurde wieder geboxt und gehauen, und am Ende hatte die Mannschaft von Gilgit mit 7:4 gewonnen. Innerhalb weniger Stunden brachen die 10.000 Besucher ihre Zelte ab und fuhren in einer einzigen Staubwolke zurück in ihre Städte. Auch Danielle, Stephen sowie die drei Pakistaner fuhren zurück nach Gilgit, während wir noch eine weitere kalte Nacht auf dem Pass mit Kerstin & Rudi verbrachten.

 

Am nächsten Morgen musste noch einer unserer derart schlechten Reifen zum x-mal geflickt werden, bevor wir von unseren längsten Reisegefährten Abschied nahmen. Ein Wiedersehen wird es wohl erst wieder in Europa geben. Für sie ging es zurück nach Gilgit und für uns weiter nach Chitral, das unweit der afghanischen Grenze liegt. Die Straße war in einem verdammt schlechten Zustand und wir waren froh am zweiten Fahrttag in Chitral anzukommen. Dort mussten wir uns im Büro für ausländische Registrierungen melden und bekamen ab sofort einen Polizisten als Eskorte an unsere Seite gestellt. Da hatten sie wohl den ungeeignetesten überhaupt rausgesucht: einem 17-jährigen Pimpf trauten wir wohl wirklich nicht zu im Falle eines Überfalls uns zu verteidigen. Naja, 24 Stunden schlappte er hinter uns her bzw. lag vor unserem Hotelzimmer bevor er mit Bauchweh seinen Dienst quittierte und gegen einen älteren Polizisten ausgetauscht wurde. Mit diesem fuhren wir dann ins Kalash-Valley, das für seine einmaligen Einwohner und ihrer Kultur berühmt ist. Hierbei handelt es sich nicht um Moslems, sondern eine eigenständige Kultur, die an zwölf verschiedene Götter glaubt. Die Frauen sind die Hauptattraktion, da sie in selbst angefertigte Gewänder gehüllt sind und einen bunten Kopfschmuck tragen. Eine echte Attraktion im männerdominierten Pakistan. Lustig fanden wir auch die Mützen der Kinder im Valley, sie ähnelte einer gehäkelten Klopapierabdeckung einer Heckablage eines Autos in den 80zigern. Leider kommen aufgrund der Nähe zu Afghanistan nur noch sehr wenige Touristen hier her. Durch die Dörfer des Rumbur Valleys ging es zusammen mit einem Dorfpolizisten, der in unserem Sinne unbewaffnet war, alle Wege und vor allem alle Einwohner kannte. So war es kein Problem in die einfachen Steinbehausungen einen Blick zu werfen und die Einheimischen zu fotografieren. Sie freuten sich sehr über ausländischen Besuch und so wurden wir von Hütte zu Hütte eingeladen, hier zu einem Frühstück, dort zu einem Schnaps oder Tee.

 

Nach einigen Tagen kannten wir alle Bewohner, hatten genug Fotos geknipst und konnten Richtung Süden aufbrechen. Im Städtchen Ayun ließen wir noch zwei unserer lädierten Reifen flicken. Der Reifenshopbesitzer war beim Anblick unserer Reifen überhaupt nicht überrascht, dass wir trotz null Profil sie noch reparieren ließen. Was in Deutschland schon seit Monaten nicht mehr befahrbar wäre, ist in Pakistan ganz anders: so lange das Gewebe nicht zu sehen ist handelt es sich um noch einwandfreie Reifen.

Unsere Eskorte ließen wir an der Hauptstraße aussteigen, allein ging es dann entlang der afghanischen Grenze zum 3120m hohen Lowari Pass. Da unser Brauner schon einige höhere Pässe gemeistert hatte, dachten wir beim Anblick der Höhenmeter an ein Kinderspiel. Dem war leider nicht so. Der Pass hatte es in sich. In unendlich windenden Serpentinenstraßen schlängelte sich die schlechte Straße nach oben. Jetzt durfte es bloß nicht anfangen zu regnen, denn mit unserer Bereifung wäre das ein gefährliches Unterfangen. Nach drei Stunden kamen wir und die ersten Regentropfen am Pass an. Nach kurzer Verschnaufpause mussten wir schnell runterfahren bevor es schlammig wurde. Kurz vor der Stadt Dir wurden wir dann lautstark von einem Jeep, vollbesetzt mit bewaffneten Anti Terror Scouts überholt. Wir sollten ihnen folgen, hier allein zu fahren wäre zu gefährlich. Also gut, ab hinterher. Wir kamen schneller mit ihnen voran als ohne sie, denn sobald wir in ein Städtchen fuhren wurde die Sirene eingeschaltet und alle sprangen bzw. fuhren auf die Seite. Am Abend brachten sie uns in ein Goverment Guesthouse, Übernachtung natürlich für umsonst. Am nächsten Morgen ging es pünktlich weiter in Richtung Peshawar, der Stadt mit den wohl meisten Bombenanschlägen in Pakistan. Während wir in der Stadt weilten blieb es allerdings ruhig und wir konnten sicher die Basare besuchen. Besonders der Schmuggler-Basar hatte es in sich. Er war der eigentliche Grund warum wir nach Peshawar kamen. Bekannt dafür, dass man dort Waffen a la James Bond kaufen konnte, Schaufenster mit Haschichblöcken gefüllt und gefälschte Dollarnoten leicht zu bekommen sind. Da wir diesen Gerüchten kaum glauben schenkten, wollten wir uns selbst vom Gegenteil überzeugen lassen. So fuhren wir mit dem Taxi zum am stadtrandliegenden Basar. Bereits nach wenigen Minuten im Waffen- und Haschichbezirk kamen Polizisten mit weit aufgerissenen Augen gerannt: „Go back. Here is dangerous area.“ Seit einiger Zeit braucht man eine Genehmigung um diesen Teil des Basars anzuschauen. Wir fragten uns nur, welchen Grund man denn bei der Regierung angeben muss, um ein solches Permit zu bekommen. Nach kurzer Diskussion ging es zurück zu den normalen Verkaufsständen, wobei uns heimlich immer ein Polizist verfolgte.

 

Nach fünf Tagen in Peshawar ging die Fahrt zurück nach Islamabad. Unsere Probefahrt mit neuem Motor war abgeschlossen und es war Zeit für ein Resümee.