1: Europa / Türkei

04.10.2017

 

Wohin? - fragt die grimmige serbische Grenzbeamtin im gebrochenen deutsch. Ja wo geht’s denn eigentlich hin? Sollen wir die Wahrheit sagen. Wir belassen es bei der Halbwahrheit und sagen schnell: Türkei. Die Antwort: ok, than car check. Sie beanstandet nichts und wir können weiter fahren.

 

Unsere ersten Kilometer bis hierher verliefen über das Allgäu (wo wir noch ein Fläschchen Wein bei unseren Herbergsleuten Peter & Marita vom Februarurlaub abgeben wollten) weiter nach Südtirol. Dort erwartete uns im 50 Seelendorf Holen die Freiwillige Feuerwehr, denen wir beim Kauf im Januar versprochen hatten, auf dem Weg nach Asien noch einen Zwischenstopp einzulegen. Stolz präsentierten wir unseren Feuerwehrausbau und sie ihr neues Feuerwehrauto. Abends wurden wir dann zur Pizza eingeladen - wohl das einzige Italienische an diesen sympathischen Südtirolern. Am Tag darauf waren wir noch bei Silvesters Namensgeber zum Tee eingeladen und fühlten uns auf Anhieb wohl. Der Plan gemeinsam durch eine Schlucht zu wandern fiel wegen Nieselregen allerdings flach, da die Schlucht bei Regen geschlossen ist. Da haben wir doch einen Grund wieder zu kommen.

 

Über die Landstraße ging es für uns dann weiter ins österreichische Kärnten, wo unsere Overlanderfreunde uns bereits erwarteten. Kerstin und Rudi hatten wir mehrmals auf der Asienreise 2 in Pakistan, Nepal, Indien und in der Türkei getroffen und auch Freund Franco (Nepal) war extra aus der Schweiz gekommen, um beim in Erinnerungen schwelgen dabei zu sein. Als hätten wir uns erst gestern zum letzten Mal gesehen fanden wir schnell wieder zueinander und genossen noch ein letztes Mal Wifi, heiße Dusche, Waschmaschine und ein eigenes Zimmer. Nebenbei erwarteten wir außerdem noch ein Päckchen mit Ersatzteilen, das uns Janus Schwester nach Kärnten nachschicken wollte. Außerdem die grüne Versicherungskarte, die bis zu unserer Abfahrt am 14.09. nicht angekommen. Das Päckchen kam pünktlich an, nur die grüne Karte nicht. Wir fragten uns, ob sie auf dem Postweg verloren gegangen war und überlegten bereits ohne weiterzufahren. Dass wir dann bereits an der österreichisch-slowenischen Grenze zittern würden, hätten wir uns bei unserer Reiseplanung nicht träumen lassen. Also gut, noch ein Tag warten, dann können wir die Gastfreundschaft von Kerstin und Rudi nicht länger strapazieren. Das erlösende Geklapper des Briefkastendeckels klang wie Musik in unseren Ohren. 30 Minuten später saßen wir im Auto und los ging die Fahrt. Vielen lieben Dank an Kerstin und Rudi für Eure tolle Gastfreundschaft !!! Und Danke für die Kärntner Nudeln!

 

1300 Km und 3 Tage später kamen wir an der türkischen Grenze an. Unsere erste richtige Zitter-Grenze. Die Nachrichten in den letzten Wochen, über Erdogans Politik und Deutsche die dort inhaftiert wurden ließ uns wachsam bleiben. Aber weit gefehlt. Herzlich wurden wir an der Grenze empfangen und konnten ohne Probleme weiter in unserer Hochzeitsstadt Istanbul fahren. Unsere open-street-map Navigation funktionierte in Istanbul nicht wie erhofft, sodass wir mitten im Verkehrschaos des Molochs steckten. Jeder Zentimeter wir ausgenutzt, jede Lücke schnell genutzt, dabei ein kurzes Hupen und Drängeln. 2 Stunden später erreichten wir dann doch einen Parkplatz mit Übernachtungsmöglichkeit am Bosporus unterhalb der Blauen Moschee. Unsere Hochzeitslocation von 2010 gab es leider nicht mehr und auch Ilker, der damals uns warmherzig aufgenommen hatte, leitete nun sein eigenes Hotel an der Küste. Dennoch erkannte man uns im Viertel noch und Fatih ermöglichte uns kurz mit Ilker zu telefonieren.

Leider ging unser Plan nicht auf sich hier noch einmal mit günstigen Ersatzteilen einzudecken. Unser 4x4-Modell gibt es in der Türkei leider nicht.

 

Auf unserem Parkplatz lernten wir die beiden Deutschen Julie & Werner (www.trackspatz.de) kennen, die mit ihrem Expeditionsmobil gemütlich durch die Welt fahren. Hut ab, in diesem Alter mit so wenig Komfort auszukommen und so open minded geblieben zu sein. Wir hoffen wir treffen Euch nochmal.

Weiter ging unsere Fahrt dann in untouristisches Gebiet. Entlang der Schwarzmeerküste führte uns der Weg immer weiter nach Osten und somit Richtung Georgien. Leider spielte das Wetter nicht mit und aus einem entspannten Badeurlaub, um sich von den Strapazen der letzten Monaten zu erholen, wurde nichts.

 

Besonders die 300 km Strecke zwischen Amasra und Sinop hatte es in sich. Im Reiseführer als eine der schönsten Straßen der Türkei angepriesen, waren unsere Hoffnungen groß. Steil bergauf und bergab, tausende von Kurven und schlechte Straßen. Das Gebiet war kaum besiedelt, so dass wir eines morgens sogar einen kleinen Wolf zu Gesicht bekamen. Unseren ersten in freier Wildbahn. An einer Stelle wo gerade Arbeiter an der Neuanlegung der Straße nach einem Erdrutsch waren und fast die gesamte Breite des Geröllweges in Anspruch nahmen, passierte es dann. Wir versuchten die schmale Stelle zu passieren und schleiften dabei den LKW. Der Schreck war zunächst groß. Im Anbetracht, dass die andere Wahl ein 150m Abhang ins Meer gewesen wäre, sind wir mit unserem turkish kiss nicht mehr ganz so traurig. Dem Fahrer des ebenfalls zerkratzen LKWs reichten wir schnell 20 Euro in die Hand und somit war die Sache aus der Welt. Natürlich keine Polizei, keine Versicherung oder sonst irgendwas unnötiges.

 

Wie bereits bei unserem letzten Besuch gefiel es uns sehr gut in der Türkei. Zahlreiche Türken, die einmal in Deutschland gelebt haben kamen zu uns, um ein paar Sätze mit uns zu wechseln und uns in ihrem Land willkommen zu heißen. Besonders Ismail wird uns in Erinnerung bleiben. Drei Stunden erzählt er unaufdringlich und sensibel über die Veränderungen in der Türkei.

 

Je weiter wir in den Osten des Landes kommen, desto traditioneller erscheint es uns. Fast alle Frauen tragen das Kopftuch und man sieht mehr Moscheen als im Rest des Landes. Nach 4.270 zurückgelegten Kilometern erreichen wir im Dauerregen die georgische Grenze. Nach zwei Stunden Warterei heißt es mal wieder Güle, Güle Türkiye!