28: Pakistan 4

13.03.2019

 

Where is your Visa? - Here it is. - This is not a valid Visa. - Yes it is.

 

Der Grenzbeamte vom Einreiseschalter vor dem wir stehen und von einem Fuß auf den anderen treten, verschwindet daraufhin mit unseren Pässen in einem hinteren Zimmer. Wir hören zwei Männer miteinander diskutieren und telefonieren. Nach 15 nicht endenden Minuten kommt der Grenzbeamte wieder zurück. Unsere Visa sind tatsächlich ok und wir dürfen einreisen. Uns fällt ein Stein vom Herzen. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn wir ein drittes Mal nach Indien hätten einreisen müssen. Und was wäre dann mit all den Autoreifen für die VW-Käfer in Pakistan passiert?

 

Vollbeladen machen wir uns sogleich auf nach Lahore. Von Indien aus kommend fällt uns auf, wie arm die Menschen hier sind. Hier gibt es deutlich mehr kaputte Häuser, verbeulte Autos, Pferdekutschen und herumfliegenden Müll als im Nachbarland. Und dennoch strahlen die Menschen, heißen uns willkommen, winken und schütteln unsere Hände. Wir fühlen uns als würden wir heim kommen, nach Hause nach Pakistan.

Über den Motorway (der besser als jede deutsche Autobahn ist) kommen wir zügig voran und erreichen in den frühen Abendstunden den Laden von Moqeem & seinen Söhnen in Rawalpindi, der direkten Nachbarstadt der Hauptstadt Islamabad. Wir drücken Moqeem, Shakeel & Hamza an uns, berichten uns gegenseitig was die letzten Monate so los war und laden fünf Autoreifen aus. Moqeem freut sich total. 

 

Als Dank führt er uns sogleich zum Essen aus. In einem schicken Restaurant mit Tischdecken (ein Indiz, dass dies nicht in unserer Preiskategorie liegt und viel zu schickimicki für uns ist) bekommen wir mal wieder Fleisch, Reis, Salat und Schafshirnmasala serviert. Dazu frisches dampfendes Brot und Joghurt. Lecker. Aber unser Magen muss sich erst einmal wieder an das fleischhaltige und fettige Essen gewöhnen. Denn er rebelliert in der folgenden Nacht und wir glauben einen Stein gegessen zu haben.

 

Am nächsten Morgen rufen wir früh bei der iranischen Botschaft an, um uns zu erkunden, ob wir für die Beantragung eines Visa eine Agentur beauftragen müssen. Vor über einer Woche hatten wir im Internet eine sogenannte Referenznummer beantragt, ohne die eigentlich kein Visaantrag gestellt werden kann. Die Ausstellung dieser Nummer dauert normalerweise nur maximal eine Woche (so zumindest in Deutschland) und wir werden nervös als nach 10 Tagen immer noch keine Bestätigung eingetroffen ist. Mit einer beauftragten Agentur kann so etwas schon deutlich schneller gehen.

 

Der nette Botschaftsangestellte schaut im System nach und teilt uns mit, dass unser Antrag im System zu sehen ist, wir können kommen und die restlichen Papiere abgeben. Also auf ins Botschaftsviertel von Islamabad. Wir nehmen mal wieder einen Shuttleservice, der die Besucher des Viertels zu den jeweiligen Botschaften kutschiert. Da wir mit dem Betreten des Grundstückes der Botschaft uns auf hoheitlichen iranischen Gebiet befinden, zieht sich Ursel noch schnell ein Kopftuch über und wir klingeln.

An einem kleinen Fensterchen werden wir bedient. Wir geben alle möglichen Papiere, wie jeweils zwei Pässe, Führerschein, Fahrzeugschein, Passbilder (bei Ursel mit Kopftuch) ab, müssen noch ein persönliches Schreiben verfassen wie unsere geplante Route im Iran aussehen wird, Kopie von allen Seiten in den vier Pässen anfertigen lassen und bei der Bank die umgerechnet jeweils 50 Euro Gebühr einzahlen. Danach erhalten wir die Auskunft, dass sich die Erteilung der Visa nach der Bestätigung aus Teheran richtet und das kann schon mal zwei, drei, vier oder noch mehr Wochen auf sich warten lassen. Was? Wir wollten eigentlich recht zügig weiter fahren.

 

Zurück mit unserem Bus im Jasmin & Rose Garden von Islamabad wärmen wir uns erst mal bei einer heißen Tasse Tee und einem am Straßenrand gekauften Gewürzreis mit Hühnchen und Salat auf. Es ist Regenzeit und wir wurden vor dem kleinen Fensterchen an der Botschaft total durchnässt. Heute verlassen wir unsere 4 Quadratmeter nicht mehr. Am Nachmittag kommt Nasir mit seinem grünen VW-Bus T 2 vorbei. Er ist der Präsident des VW-Clubs of Pakistan und freut sich riesig, dass auch wir ihm vier Reifen für seinen Käfer aus Indien mitgebracht haben. Jetzt haben wir endlich wieder Platz im Auto und müssen den frischen und betäubenden Gummigeruch nicht mehr einatmen.

 

Am nächsten Morgen erwischt es uns dann: die asiatische Durchfallerkrankung. Wacker haben wir uns in den letzten 17 Monaten geschlagen und dachten uns bereits an die örtlichen Bakterien gewöhnt zu haben. Nix war's. Jetzt trifft es uns richtig. Nur zu gut, dass die öffentliche Toilette in unserer Abwesenheit renoviert und ein Klomann eingestellt wurde. Für die Benutzung dieser muss man nun 10 Rupie entrichten, umgerechnet 6 Cent. Dafür ist es aber sauber und es gibt sogar Seife. Wir handeln mit dem Klomann eine Benutzungs-Flatrate aus und zahlen umgerechnet 1 Euro für die nächsten Tage. Ein tolles Geschäft, denkt sich bestimmt der grinsende Klomann bis er uns alle zwei Stunden mit Klopapierrolle unterm Arm in der Kabine verschwinden sieht, die wir dann auch für etwas längere Zeit blockieren.

 

Nach drei Tagen müssen wir mal raus und fahren zur europäischen Bäckerei „Loafology“ und stopfen uns mit dem besten Baguette außerhalb von Frankreich voll. Wenn nichts mehr hilft, dann müssen europäische Bakterien her, denken wir uns. Aber auch die werden leider nicht helfen.

 

Die nächsten Tage verbringen wir mit Besuchen bei Moqeem & Nasir, schlendern mal wieder über den Flohmarkt und unternehmen eine Wanderung in die hinter Islamabad liegenden Margalla Hills. Nach einer Woche parken wir unseren Bus sicher vor Nasirs Haus und fahren mit dem öffentlichen Nachtbus ins 650 Kilometer entfernte Bahawalpur.

In Bahawalpur holt uns früh um 5 Uhr am Busbahnhof unser Freund Saif ab. Mit ihm sind wir im September und Oktober durch die Northern Areas von Pakistan gereist. Nun wollen wir seine uns zum Teil schon bekannte Familie wieder sehen (Link zum Bericht Pakistan 2011) und seine vier Kinder kennen lernen. Saif lebt eigentlich in den sogenannten Tribal Areas im ärmsten Bundesstaat Belutschistan, in die Touristen nicht reisen dürfen. Um seinen Kindern eine angemessene Schulbildung geben zu können ist er in den Bundesstaat Punjab gezogen. Auch seine beiden Schwestern mit ihren Ehemännern und jeweils vier Kindern wohnen hier in unmittelbarer Nachbarschaft.

 

Wir kommen zufällig am letzten Tag des Schuljahres an und bekommen die Zeugnisausgabe mit. Die Kinder besuchen eine private Schule, für die Saif umgerechnet monatlich 25 Euro Schulgeld bezahlen muss. Eine staatliche Schule wäre kostenlos, allerdings ist dort das Bildungsniveau sehr niedrig. Die Kinder kommen stolz mit Krone auf dem Kopf für die Klassenbesten zurück und zeigen ihre Zeugnisse. Nun haben sie eine Woche Ferien bevor das neue Schuljahr beginnt.

 

Im Haus von Saif wohnen neben seinen vier Kindern, auch seine Frau sowie seine Mutter. Mütter in Pakistan leben kulturell bedingt mit ihrem ältesten Sohn und seiner Familie zusammen. Die Mutter, die hier von allen Dada (Oma) genant wird, hat sieben Kinder und 29 Enkelkinder !

 

Saifs Haus ist sehr traditionell eingerichtet. Alles sehr einfach und jeder Zeit zum Aufbruch bereit. Da sie Öfters den Wohnort wechseln, haben sie nur wenige Habseligkeiten. Die Mahlzeiten werden im Schneidersitz auf dem Boden eingenommen und auch geschlafen wird auf einer einfachen Baumwollmatte, die auf dem Boden ausgerollt wird. Für uns ein Abenteuer, so ursprünglich zu leben. Die Familie, außer Saif, kennt es nur so.

Am Abend verteilen wir mitgebrachte Geschenke für die Kinder und die Frauen des Hauses. Mit strahlenden Augen werden die Spielsachen, Cremes, Schokoladen und Gummibärchen ausgepackt. Sie scheinen wohl nicht so oft ein Geschenk zu bekommen.

 

Anschließend langen wir beim Abendessen kräftig zu und spielen mit den Kindern gemeinsam Uno und mit Spielzeugautos. Wir fühlen uns ein bisschen wie an Weihnachten: das mächtige Essen, die leuchtenden Kinderaugen und das gemeinsame Spielen zwischen zerrissenen Geschenkpapieren.

 

Am nächsten Tag wollen wir den Palast „Noor Mahal“ besichtigen. Wir werden am Tor von Soldaten gestoppt: Ausländer dürfen hier nicht rein, da der Palast vom Militär verwaltet wird und er deshalb ein Objekt für Spionage sein könnte. Saif verhandelt und wir können eine Sondergenehmigung vom verantwortlichen Befehlshaber bekommen. Dazu schicken wir per WhatsApp unsere abfotografierten Pässe zum Militär. Und tatsächlich dürfen wir am nächsten Tag wieder kommen und werden beim Einlassen wie VIPs behandelt. Nicht mal Eintritt müssen wir zahlen. Der Palast war einst Wohnort eines Adeligen, der mit einer Engländerin verheiratet war und ist schön restauriert sowie zu einem Museum umfunktioniert worden.

 

Das 100 Kilometer entfernte Fort Derawar ist am folgenden Tag unser Ziel. Gemeinsam mit den beiden Schwagern fahren wir durch das Wüstengebiet Cholistan und sehen bereits aus der Ferne das aufragende Fort. Es ist leider ziemlich verfallen und die Restaurierungsarbeiten gehen nur ganz langsam voran. Allerdings versprüht es dadurch einen gewissen Charme. Wir besichtigen noch die benachbarte Moschee und ein paar Schreine und fahren am Abend wieder zurück nach Bahawalpur. Politisch ist die Lage derzeit zwischen Pakistan und Indien angespannt. Der Kaschmir-Konflikt scheint wieder zu entfachen und so sehen wir nicht nur dutzende Militärgefährte die Soldaten und Waffen zur nahe gelegenen Grenze fahren, sondern auch eine nicht endende Schlage an beschlagnahmten Lastwagen, die für den eventuell ausbrechenden Krieg der beiden Länder benötigt werden könnten.

Bahawalpur ist wohl eine der sichersten und entspanntesten Städte in ganz Pakistan, aber dennoch verirren sich „Engländer“, wie Ausländer in Pakistan oft genannt werden, nur sehr selten hier her. Auch wir werden bei einem Ausflug mit allen Kindern zu einem Schrein von der Polizei entdeckt und diese ist sich sicher, dass die Lage viel zu gefährlich für uns ist. Also bekommen wir kurzerhand Polizeieskorte und werden ins 40 Kilometer entfernte Bahawalpur mit Sirene und Blaulicht zurück eskortiert. Wir laden die Kinder zu Hause ab und fahren weiter zum Verhör auf der Polizeistation. Sie wollen, dass wir ab sofort in einem „Police Club“ oder in einem schweineteuren Hotel übernachten. Ohne uns – wir sind wegen Saif hier und wollen bei ihm oder sonst nirgendwo hier übernachten. Während wir mit einem Polizisten bei ein paar Tassen Tee und Keksen plaudern, versucht Saif auf einer anderen Polizeistation die Beamten zu überzeugen, dass wir bei ihm bleiben dürfen. Nach einer Stunde kommt er uns strahlend abholen, es hat geklappt. Wir dürfen wieder mit ihm nach Hause fahren. Allerdings wird die Polizei, das Militär, die Anti-Terror-Scouts, die Touristenpolizei und und und ein Auge auf uns haben.

Während wir auf der Polizeistation Tee trinken, fangen zu Hause schon ein paar Kinder an zu weinen: „Die Polizei hat unsere Ausländer mitgenommen!“ - um so freudestrahlender sind sie als wir wieder zu Hause ankommen. „Die Polizei hat unsere Ausländer wieder frei gelassen!“

 

Am nächsten Tag müssen wir, aber vor allem Saif, noch einmal bei einem Verhör Rede und Antwort stehen: woher wir uns kennen, wie oft wir uns sehen, wie verdienen wir unser Geld, was wir hier machen...

Danach informieren wir beim Verlassen des Hauses die Verantwortlichen nur noch per WhatsApp und frei sind wir.

An einem Tag auf dem Basar entdecken wir ein älteres, wohl europäisches Paar. Umzingelt von vier schwer bewaffneten Anti-Terror-Scouts sowie einige Touristenpolizisten in Zivil. So fällt man doch erst recht auf, denken wir uns und sind froh, weiterhin eskortenfrei zu sein.

 

Einen regnerischen Tag verbringen wir bei Saifs Schwester Sajida, ihrem Mann Nasrullah sowie den vier Mädchen. Sie wohnen nur 20 Meter weiter und bei ihnen zu Hause fühlen wir uns pudelwohl. Sajida ist eine Powerfrau: kocht, wäscht, hält das Haus sauber und näht alle Kleider der Mädchen selbst. Nebenher hat sie auch noch einige Tunikas für Ursel genäht, die diese erst einmal den Damen des Hauses vorführt. Das sind mal tolle und praktische Geschenke.

Auch wenn Sajida nur drei Wörter englisch kann, verstehen wir uns auf Anhieb. Ursel verbringt den halben Tag mit ihr und den Töchtern in der Küche und bekommt mal wieder einen hautnahen und authentischen Kochkurs. Auf kleinen Hockern sitzend wird auf dem Boden gekocht. Die Arbeitsplatte der Küche dient nur als Ablage. Alles passiert auf dem Boden. Sie zaubert ein Auberginencurry mit Reis sowie zwei Nachspeisen. Lecker. Vor allem wenn es mal vegetarisch ist. Die pakistanische Küche ist uns nämlich definitiv zu fleischlastig und ölig.

 

Zwei Tage später wollen wir uns mit einem deutschen Mittagessen revanchieren. Es soll mal wieder Kartoffelbrei mit Frikadellen und Erbsen-Karotten-Gemüse geben, sowie einen Pudding als Nachtisch. Die Zutaten für dieses typisch deutsche Essen sind auf der ganzen Welt erhältlich und doch immer wieder ein wenig anders. Orange Karotten gibt es beispielsweise nicht auf dem Basar, sondern nur Rote.

Wir dachten gut vorbereitet zu sein und gehen guter Dinge in Saifs Küche ans Werk. Auf den 8 Quadratmetern drücken sich drei Frauen, ein paar Kinder und wir auf den Boden, um zu Kochen. Um mehr Platz zu haben stellen wir die Kochplatte auf die zuvor freigeräumte Arbeitsplatte. Dann geht’s los: Schneidebrettchen, scharfes Messer, Schneebesen, große Schüsseln, Spülschwamm, Spüli, Gabeln... Fehlanzeige ! Wir improvisieren wo es geht und scheitern kläglich. Das Essen schmeckt nur halb so gut wie in Deutschland und die Kinder schieben mit verzogenem Gesicht die Teller weg. Die Erwachsenen essen es tapfer, während wir uns in Grund und Boden schämen. Und dennoch nicken uns die Köpfe zuversichtlich zu und nehmen sich noch einen Nachschlag. Wunderlicherweise sind die Töpfe danach doch leer gefuttert. Wir fragen uns wie Saifs Frau in so einer spartanisch ausgestatteten Küche jeden Tag so ein leckeres Essen zaubern kann mit nur zwei Töpfen und einer Pfanne. Wahnsinn. 

Während wir immer noch auf Neuigkeiten von unserem Iranvisum warten, unternehmen wir ein paar Ausflüge. Fahren mit samt Schwager und vier Kindern ins 100 Kilometer entfernte Multan. Vorgeschriebene maximale Fahrgastanzahl, Anschnallen, TÜV-geprüfte Kindersitze – wird doch alles nur überbewertet. Wir machen uns auf der Rückbank mit den vier Kindern bequem. Jeder will mal bei den Ausländern auf dem Schoß sitzen. In Multan besichtigen wir einige Schreine sowie den Stadtpark. Anschließend werden wir von Saifs Klanmitgliedern, die hier wohnen, zum Mittagessen eingeladen. Während Janus und Saif im Gästezimmer Konversation betreiben müssen, wird Ursel in den Frauen- und Familienbereich geführt. Sofort ist eine Schar von Frauen und Jugendlichen um Ursel, die nach der üblichen Fragerunde woher, wie & warum erst mal dutzende Selfies knipsen. Und mal wieder bringen sie ein Geschenk. Es fühlt sich immer noch sehr ungewöhnlich an, als Gast ein Geschenk zu bekommen. Diesmal ist es ein schöner Paschmina-Schal.

 

Zwischendurch rufen wir wieder und wieder bei der iranischen Botschaft in Islamabad an. Sie vertrösteten uns immer. Sobald sie Neuigkeiten haben, werden sie sich telefonisch bei uns melden. Unsere beantragte Referenznummer wird nach einem Monat im Wartemodus automatisch auf „abgelehnt“ geändert. Wir werden nervös. Ein Monat ist schon rum und nichts ist passiert. Wir kontaktieren unseren Freund Cristian von iranisgreat.com und er rät uns eine Agentur einzuschalten, um eine Referenznummer zu erhalten. Derweil erhalten wir per Email die Nachricht von der iranischen Botschaft in Lahore, dass sie uns dort innerhalb eines Tages ein 7-Tage-Transit-Visa ausstellen können, wenn wir diese Nummer bringen. Auch Jonny aus Bayern, den wir im Oktober auf dem Karakorum Highway getroffen haben, wartet seit Monaten auf eine Antwort auf sein beantragtes Iranvisum in Islamabad. Das sind mal Neuigkeiten. Wir entschließen uns mit einem Transitvisa zufrieden zu geben und beauftragten die Agentur für die Nummer.

 

Und wieder müssen wir warten und gliedern uns so langsam in den Alltag von Saifs Familie ein. Wir sind gerade bei der städtischen Trinkwasserabgabestelle, um die Kanister zu füllen, als in Saifs geparktes Auto plötzlich eine dreirädrige Rikscha rauscht. Der Fahrer hat beim Abbiegen mit zu viel Geschwindigkeit die Kontrolle über das Fahrzeug verloren, sodass es in Seitenlage kam und schlussendlich gekippt ist. Janus und den vier Kindern, die im Auto gewartet haben, ist zum Glück nichts passiert. Das Auto von Saif ist auf der Fahrerseite ziemlich verbeult. Die Rikscha ist Schrott, die Insassen steigen geschockt und blutend aus. Sofort bildet sich eine Menschentraube um uns. Eifrig werden Bilder geschossen. Der Krankenwagen ist erstaunlicherweise keine drei Minuten später an Ort und Stelle und versorgt die Verletzten. Saif spricht mit dem Fahrer der Rikshaw und lässt ihn ohne Konsequenzen gehen. In Pakistan hat fast niemand eine Fahrzeugversicherung und von einem armen Rikscha-Wallah ist sowieso nichts zu holen. Mit seiner geschrotteten Kiste ist er schon bestraft genug. Saif wird die Reparatur seines Autos selber übernehmen. 

Über zwei Wochen sind wir mittlerweile bei Saif. Es wird so langsam Zeit, dass wir uns aktiv um unser Iranvisum kümmern. Daher nehmen wir schweren Herzens Abschied von der gesamten Familie. Saifs Schwester hat noch unsere pakistanische Lieblingsnachspeise für uns zubereitet. Eine ganze Schüssel gibt sie uns als Wegzehrung mit. Als sie dann noch einen islamischen Segen für unsere gesunde Heimreise nach Deutschland spricht, bekommen wir Gänsehaut. Die gemeinsame Zeit in der Familie gehört mit zu unserer schönsten Zeit auf der gesamten Reise. 

 

Zum Busbahnhof mitten in der Nacht drücken sich neben Nasrullah noch drei Kinder mit ins Auto. Hier sieht man das Zubettgehen nicht so eng, auch an Schultagen. Wir drücken alle nochmal an uns, lassen noch ein paar Tränen zurück und fahren in die Nacht hinein zurück nach Islamabad.