7: Vereinigte Arabische Emirate (1)

30.12.2017

 

Bereits um 9 Uhr am Morgen sollen wir uns laut unserer Verschiffungsagentur im Hafen von Bandar Abbas einfinden, obwohl das Fährboot erst gegen 22 Uhr ablegen wird. Die Zollformalitäten sind unglaublich undurchsichtig und wir wissen oft nicht, wer denn jetzt ein offizieller Zollbeamter, wer von der Verschiffungsagentur und wer ein Schlepper ist. 700 $ haben wir bereits bei der Agentur für den Bus, das Bill of Loading sowie die zwei Passagiertickets gezahlt. Einen Agenten wollten wir auf keinen Fall bezahlen und logen erst mal vor kein Geld mehr zu haben. Zwei Männer die bereits deswegen in Rage sind, machen uns deutlich, dass wird dann eben einfach nicht an Bord gehen dürfen. Was nun? Zwei Franzosen, die wir am Vorabend kennen gelernt hatten und mit uns verschiffen, legen die umgerechnet 20 Euro für uns aus. Nach zwei Stunden ist das Prozedere überstanden und nun heißt es warten, warten, warten. Über acht Stunden tut sich erst mal nichts. Dann endlich die Passkontrolle und nochmal warten. Fast pünktlich gegen 21 Uhr werden die Autos verladen und um 22 Uhr können wir endlich ablegen.

     

Die Nacht auf See verläuft ruhig und gegen 10 Uhr am Morgen legen wir im Hafen von Sharjah an – der Zwillingsstadt von Dubai. Auch hier wieder der ganze Zollkram. Diesmal verläuft jedoch alles planmäßig, wenn auch unlogisch und wir traben von einem Büro ins Nächste, um mal hier was zu bezahlen oder hier das Carnet de Passage abstempeln zu lassen. Auf dem Hafengelände gibt es auch einen Duty Free Shop der Alkohol verkauft und bei dem wir uns für die nächsten drei Monate auf der trockenen arabischen Halbinsel eindecken. Dass wir später dann nochmal zur Fahrzeugkontrolle müssen, war uns in dem Moment gar nicht in den Sinn gekommen – nach zwei Monaten im Iran und den Gerüchten, dass der Duty Free Shop mehr geschlossen wie auf hat, machen wir kurzen Prozess und kaufen ein was das Zeugs hält. Zwei Stunden später schwitzen wir als zwei Zollbeamte sich in unseren Bus quetschen und nach irgendetwas suchen. Gut, dass wir alle Flaschen mit Socken überzogen haben und Ursel sich noch zu den zwei Beamten in den Bus drängt. Die arabischen Männer haben einen enormen Respekt vor Frauen und wollen auf keinen Fall so nah kommen, dass sie vielleicht Ursel berühren. Daher brechen sie die Suche schnell ab und wir können nach fast fünf Stunden das Hafengelände mit 40 Litern Alkohol (hauptsächlich Bier ;-)) verlassen.

 

Unser erster Eindruck der Vereinigten Arabischen Emirate: blitzeblank sauber, es geht sehr höflich zu, der Verkehr ist geordnet und gesittet und überall lauern Kameras. Außerdem sieht man kaum Araber. Die sind in ihrem eigenen Land mit ca. 10 % der Einwohner eine deutliche Minderheit. Vor allem Inder, Pakistanis und Bangladeschis sind die Haupteinwohnergruppe. Vielleicht finden wir es auch deshalb auch gleich sympathisch hier. Die Emirate sind für uns neben der Schweiz das einzige Land welches wir bisher besucht haben, das reicher ist wie unser Herkunftsland Deutschland. Hier will uns definitiv niemand anbetteln wegen eines Einladungsschreiben für einen Schengen-Visum.  

Unsere erste Station in den Emiraten soll das alljährlich im Dezember unter der Schirmherrschaft des Kronprinzen von Dubai stattfindende Traveler Festival sein. Vor drei Wochen hatten uns Sabine & Uwe, die wir in Yazd kennen gelernt hatten, darauf aufmerksam gemacht und dort wollten wir uns auch wieder mit Heidi & Valentin treffen. Wir machen uns daher mit den beiden Franzosen vom Schiff Olivia & Olivier (liebevoll O2 abgekürzt) auf dem Weg zum Festivalgelände in einem Stadtpark. Beim Eingang des Parks reihen wir uns zunächst in die Autoschlange ein. Für den Park muss man nämlich eine Eintrittgebühr bezahlen und übernachten dort sei auch nicht möglich. Wir diskutieren mit der Frau im Zahlhäuschen rum und beratschlagen uns gerade, als ein Araber mit einem Rolls Royce Cabriolet anhält und fragt, was das Problem sei. Wir erklären kurz die Situation und er berichtet, dass er der Mitorganisator des Festivals sei. Nach einem kurzen Gang zum Zahlhäuschen wird uns eine eigene Spur geöffnet und wir können ohne zu zahlen, an den wartenden Autos vorbei in den Park fahren. Der Rolls Royce Fahrer eskortiert uns und O2 zum Festivalgelände, wo bereits einige Overlander parken. Neben Heidi & Valentin, sind auch wie geplant Sabine & Uwe da. Außerdem drei Fahrzeuge aus der Schweiz. Am späten Abend schaut der hilfsbereite Araber wieder bei uns vorbei und teilt uns mit, dass er eine Genehmigung besorgt hat, dass alle Overlander im Park übernachten dürfen. Super! In den weiteren Tagen schaute er immer mal wieder vorbei und erkundigte sich, ob alles ok sei und ob wir etwas bräuchten. Später stellte sich heraus, dass er der Sohn des Besitzers der Fluggesellschaft Emirates ist. Und er habe noch zwei weitere Rolls Royce zu Hause in der Garage.

 

Das Festival selbst beginnt jeden Tag um 16 Uhr mit ein paar skurilen Tänzen von Kindern mit Spielzeugmaschinengewehren und die Einladung zu einem arabischen Kaffee, der sehr dünn und mit Kardamom gewürzt ist. Bei Anbruch der Dunkelheit halten dann verschiedene Reisende einen 40-minütigen Vortrag. Wir sitzen auf gepolsterten Stühlen hinter den reichen Arabern, die sich in den ersten beiden Reihen auf Sofas gemütlich gemacht haben und denen ständig Leckereien serviert werden. Was die First Class nicht verspeist hat, wird uns dann von den Dienern in die hinteren Reihen gebracht. Wir bedienen uns großzügig bei Datteln und Süßspeisen.

 

Die vortragenden Reisenden kommen von allen Kontinenten und ihre Reiseart unterscheiden sich allesamt. Die einen sind mit Fahrrad, die anderen mit dem Auto, Boot, Ultraleichtflugzeug, zu Fuß und sogar mit dem Skateboard unterwegs. Besonders wird uns Jaschek aus Polen in Erinnerung bleiben, der im Alter von 13 Jahren in Folge eines Elektroschocks einen Arm und ein Bein amputiert bekam und trotzdem, mit Hilfe seiner Beinprothese, zum Nordpol und durch Asien gereist ist. Im Anschluss können wir uns mit den Vortragenden noch in aufgestellten Beduinenzelten unterhalten und noch mehr zu ihren Reisen erfahren. Neben den Vortragenden müssen auch wir oft Rede und Antwort vor unseren Bussen stehen und werden des Öfteren um ein Interview gebeten. So kommen wir zum ersten Mal in Kontakt mit Einheimischen sowie Reisenden aus Kuwait und Qatar.  

Nach vier Tagen geht das Festival zu Ende und wir fahren zum Strand von Sharjah, um erst einmal richtig in den Emiraten anzukommen. Da unsere Kamera langsam den Geist aufgibt, wollen wir uns eine Neue zulegen. Auf dem Weg zu einer Shoppingmall, wo wir bereits zuvor das auserkorene Modell begutachtet haben (Danke Christoph für den tollen Tipp!), teilt sich plötzlich die Autobahn und wir stehen einen guten Kilometer später vor einer Höhenbeschränkung. Mit unseren 2,65 m passen wir nicht mal annähernd unter die 2,30 m Schranke und sogleich kommen auch schon ein Wachmann und sein Supervisor angerannt. Sie stellen eine Pylone hinter den Bus und sagen uns, dass wir die Polizei verständigen sollen. Aber wie denn? Wir haben doch gar keine SIM Karte und erst recht kein Guthaben. Sie selbst dürfen keine Polizei rufen und wenn wir die Pylone selbstständig entfernen und rückwärts die Autobahn entlang fahren sind wir für alle aufkommenden Schäden selbst verantwortlich und haftbar. Nur gut, dass wir nicht mal eine Haftpflichtversicherung geschweige denn eine KFZ-Haftpflichtversicherung für die Emirate haben. Egal. Wie so oft riskieren wir es. Janus voran mit zwei Warnwesten. Eine angezogen und die andere in der Hand zum Winken, damit die superteuren Schlitten, allen voran Mercedes und Porsche, uns frühzeitig registrieren. Dann geht es im Schneckentempo ganz, ganz langsam zurück. Da es nicht anders machbar ist, müssen wir dann noch drei Spuren kreuzen um danach die Auffahrt runter fahren zu können. Nach 20 Minuten war es geschafft. Ohne Unfall, dafür mit zitternden Knien. Und: hoffentlich hat uns nicht eine der zahlreichen Kameras aufgenommen und wir werden bei der Ausreise eine Strafe zahlen müssen...

 

Nach ein paar Tagen am Strand von Sharjah geht es dann zurück nach Dubai, durch die Wolkenkratzerschluchten zum Al Safouh Beach, wo wir mit anderen Reisenden Weihnachten verbringen wollen. Direkt neben dem Grundstück eines Sheikhs schlagen wir unser Lager gegenüber der aufgeschütteten Palme auf. Zu Fuß geht es an Weihnachten noch in die Mall of die Emirates, wo wir die Zutaten für unser Weihnachtsmenü einkaufen. In Dubai ist fast niemand mit Fahrrad oder gar zu Fuß unterwegs. Alles ist ausgelegt für die Fahrt mit dem Auto. Normalerweise herrscht in Dubai eine unglaublich hohe Luftfeuchtigkeit, was ein Leben außerhalb von klimatisierten Malls, Büros, Wohnungen und Autos sehr unangenehm macht.

 

Weihnachten verbringen wir dann zusammen mit Heidi & Valentin, den Schweizern Livia & David (die mit ihrem Toyota Land Cruiser auf dem Weg über Malaysia in die Mongolei sind) sowie den beiden Radlern Leyla & Matthias aus Zürich (nach dem Oman müssen die Beiden wieder nach Hause). Jeder zaubert irgendetwas: so gibt es einen Fruchtcocktail mit Schuß zu Beginn, gefolgt von Käsespätzle mit Krautsalat und als Abschluss einen selbstgebackenen Schoko-Bananenkuchen dank der Campingbackform von Omnia. Auch wenn keine wirkliche Weihnachtsstimmung ohne Familie, Knödel und Kälte aufkommen will, haben wir einen tollen Abend mit vielen guten Gesprächen, Lachen und Spielen. Am nächsten Tag telefonieren wir dann mit unseren Familie und können kaum glauben, dass wir das nächste Weihnachten noch immer nicht zu Hause sind.  

Wir sind nun fast zwei Wochen in den Emiraten und haben so langsam den Stadtkoller. Uns zieht es raus, wieder in die Natur und auch mal wieder in das Reisen ohne jemand anderen. Wir fahren dazu auf die gegenüberliegende Küstenseite nach Al Aqqah. Dort campieren wir direkt am Strand zwischen zwei Hotelanlagen und sind zuerst ein wenig enttäuscht über die schlechte Sicht unter Wasser. Vorgelagert gibt es die kleine Insel mit dem Namen Snoopy Island, die wir ein paar Mal umschnorcheln. Seit langem sehen wir mal wieder tropische Fische und Korallen. Neben Barrakudas, Schildkröten und Clownfischen, entdecken wir auch zum ersten Mal für uns zwei Schwarzspitzenriffhaie. In dem nur 1 m tiefen Wasser sind wir sehr überrascht über die ausgewachsenen Exemplare, wie sie seelenruhig zwischen den Touristen umherschwimmen. Und trotzdem bleiben wir auf respektvollen Abstand.

 

Nach zwei Tagen wollen wir weiter in den Süden, in den Oman. Wir wollen ans Meer, ohne Hotelanlagen und weniger Touristen. Die Grenzformalitäten sind das Gegenteil zur Einreise. Die Zollbeamtin, die wohl zum ersten mal ein Carnet de Passage in den Händen hält, fragt uns ganz überrascht, was sie damit machen solle. Wir zeigen ihr kurz, wie es auszufüllen ist und fahren nach der Begleichung der Ausreisesteuer weiter zur omanischen Seite. Unser Autobahnrückwärtsabenteuer bleibt also ohne Folgen. Auf der omanischen Seite sind die Beamten ein wenig professioneller, aber auch recht fix. Für uns der bisher schnellste Grenzübertritt mit Carnet de Passage: nach 45 Minuten sind wir im Oman.